In einem Artikel in der Zeitungsbeilage „Erfolgreiche Frauen im Fokus“ wird über den Vortrag von Prof. Dr. Astrid Nelke auf dem 8. Frauen-Forum an der FOM-Hochschule in Stuttgart berichtet. Wir geben den Artikel mit freundlicher Genehmigung des Zeitungsverlags Waiblingen wieder, hier finden Sie das PDF:
Schlüssel zum Erfolg: „Hören Sie auf, gemocht werden zu wollen!“

Frauen sind kommunikationsstark. Wie die vielgepriesene weibliche Stärke zum echten Karrierekiller werden kann und welche Strategien dem entgegenwirken, erklärte Prof. Dr. Astrid Nelke jüngst beim 8. Frauen-Forum an der FOM-Hochschule in Stuttgart. Die Professorin für Unternehmenskommunikation und Innovationsmanagement an der FOM in Berlin berät Unternehmen zu den Themen interne und externe Kommunikation sowie Talentmanagement.
Allgemein gelten Frauen als dasjenige Geschlecht, das „besser“ kommunizieren kann. Diese positive Fähigkeit mag beim Einstieg in die Berufswelt helfen, auf dem Weg in die Führungsetage ist sie oft hinderlich, weiß Prof. Dr. Nelke. Wieso ist das so? Selbst in unserer modernen Gesellschaft haben Frauen noch häufig einen niedrigeren Status und sind mit weniger Macht ausgestattet. Um den Abstand zu den Männern auszugleichen, interagieren Frauen stärker. „Frauen sind besonders kommunikativ, um ihre eigenen Ziele – trotz niedrigerem Status – durchsetzen zu können.“ Dazu setzten sie, so Nelke, „teils unbewusst einen seit Kindesbeinen eingeübten Katalog an weiblichen Verhaltensweisen ein“.
Mädchen werden beispielsweise ermahnt, sich nicht in den Mittelpunkt zu drängen, nicht vorlaut zu sein, sondern eher zurückhaltend. Während Jungen sich nichts gefallen lassen dürfen und sich durchsetzen sollen. Die Unterschiede im verbalen und nonverbalen Verhalten von Männern und Frauen sind also nicht Ausdruck angeborener Fähigkeiten, erläutert die Professorin. Wenn Frauen sich dessen bewusst werden, können sie aktiv gegensteuern.
Frauen gelten als zickig, Männer als durchsetzungsstark
Wenn man sich anschaut, welche Eigenschaften einer Führungskraft zugeschrieben werden – wie zum Beispiel Durchsetzungsstärke, Wettbewerbsorientierung oder Kritikfähigkeit – dann sind diese eindeutig männlich orientiert. „Was bei Männern als durchsetzungsstark gilt, wird bei Frauen als zickiges Verhalten und somit negativ bewertet“, sagt Nelke. Einfach, weil dominantes Verhalten nicht zur typischen Geschlechterrolle der Frau passe. Dies erklärt auch, wieso bei Frauen, die sich um einen Chefposten bewerben, gefragt wird: „Kann die das überhaupt?“ Bei Männern werde diese Frage nicht gestellt.
Der Knackpunkt ist, dass es für Frauen schwierig – und beinahe unmöglich – ist, eine Statusveränderung wie eine Führungsposition zu erreichen, ohne ihr kommunikatives Verhalten zu verändern, mit dem Ziel, sich dem männlichen Verhalten anzupassen. Vielleicht werden Frauen gerade deshalb eingestellt, weil sie so freundlich, offen und kooperativ sind. Aber beim Verbleib im Beruf und vor allem beim Aufstieg können diese Qualifikationen zum Nachteil gereichen. Denn der weibliche Kommunikationsstil wird unter anderem mit mangelnder Durchsetzungs- und Konfliktfähigkeit oder schwach ausgebildeten Führungsqualitäten gleichgesetzt – ein Teufelskreis.
Frauen wollen gemocht werden, Männer gewinnen
Wenn Frauen eine Führungsposition anstreben, müssen sie deshalb aus der sogenannten Freundlichkeitsfalle austreten. „Das ist sehr schwierig und wird vom Umfeld meist negativ gesehen“, weiß Nelke. Denn alles, was Frauen im Berufsleben bewusst oder unbewusst tun, um durchsetzungsstärker zu werden, erhöht gleichzeitig das Risiko, als unweiblich zu gelten. Ein Beispiel: Wenn eine Frau einen Mann im Gespräch unterbricht, angenommen in einer Sitzung – sich also genauso verhält wie ihre männlichen Kollegen –, und einfach weiterredet, bis sie fertig ist, dann wird dies von der Umwelt sehr negativ bewertet. Es verwirrt die Männer, weil dieses Verhalten nicht zur Geschlechterrolle der Frau passt.
Gleichsam gilt: Alles, was Frauen tun, um Erwartungen an das weibliche Rollenverhalten zu entsprechen, erhöht die Gefahr, für inkompetent gehalten zu werden. Das ist das sogenannte Double Bind; eine lähmende, weil doppelte Bindung eines Menschen an paradoxe Botschaften oder Signale und deren Auswirkungen. Für die Praxis heißt das: Es ist egal, was sie tun, sie können es den anderen nicht recht machen.
Bei Management-Seminaren für Frauen heißt es immer wieder: „Frauen wollen gemocht werden, Männer wollen gewinnen.“ Eine Erkenntnis, die durchaus befreiend wirken kann. Nelke appelliert deshalb: „Hören Sie auf, gemocht werden zu wollen, und legen Sie sich eine Strategie zurecht!“ Der Schlüssel zum Erfolg ist eine durchdachte Eigen-PR. Dazu gehört es, die eigenen Stärken zu kennen, konkrete Ziele zu formulieren und sich einen realistischen Zeitplan zu stecken. Wichtig auf dem Weg nach oben sind außerdem FürspecherInnen, Testimonials und Mentoren. Interna zu sammeln, hilft ebenfalls. Ganz wichtig ist auch, sich selbst zu loben. „Denn sonst tut es keiner“, schiebt Nelke hinterher und lacht. Ein typischer Frauenfehler sei auch, das eigene Wissen immer mit anderen zu teilen: „Wenn Sie Ihre Ideen brav per E-Mail an die Kollegen verschicken, wundern Sie sich nicht, wenn der Kollege ihre Idee später als seine eigene beim Chef verkauft“, warnt sie.
An sich arbeiten und trotzdem authentisch sein
Die als männlich angesehene Art der Kommunikation ist für Frauen in speziellen Kursen erlernbar. Wer sich unsicher ist, probiert sich am besten erst einmal im geschützten Raum aus, empfiehlt die Expertin, beispielsweise in einem Frauennetzwerk. Bevor Frau sich aufmacht, Führungsverantwortung zu übernehmen, sollte sie prüfen, ob sie das wirklich möchte. Denn: Nicht jeder ist dafür geeignet, eine Führungsposition zu übernehmen. Es nützt nichts, wenn eine schüchterne Frau mit Zwang und Druck diese Kompetenzen erwerben möchte. „Schüchterne werden in der Position nicht glücklich“, weiß Prof. Dr. Nelke. Wer ständig eine Rolle spielen muss, ist eben nicht authentisch, sondern verkrampft und das merken die Kollegen – und strafen es entsprechend ab.
Ansonsten gilt es, Ausdauer zu haben, weiß Prof. Dr. Nelke. Denn Anerkennung braucht Zeit. „Irgendwann ist man nicht mehr einfach nur „die Frau“, sondern die kompetente Kollegin, die echt Ahnung hat“, ermutigt sie.
(Autorin: Susann Köhler)
Zur Person
Prof. Dr. Astrid Nelke hat Publizistik und Kommunikationswissenschaft an der Freien Universität Berlin studiert. Nach Stationen in der Konzernpolitik der Deutschen Lufthansa AG und Bundesgeschäftsstelle der CDU Deutschland ist sie seit 2014 als Hochschullehrerin für Unternehmenskommunikation und Innovationsmanagement an der FOM Hochschule Berlin tätig. Daneben berät sie Unternehmen zu den Themen interne und externe Kommunikation sowie Talentmanagement und forscht unter anderem zu Kommunikationsstrategien und Netzwerkbeziehungen von Frauen und Männern im Beruf. Außerdem ist sie Dozentin an der Universität Potsdam.
aus: Erfolgreiche Frauen im Fokus, Seite 4, Zeitungsverlag Waiblingen.